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Reförmchen fürs Alter – Betriebsrenten für alle

Bettler SPD Armut

Bettler SPD Armut

Doch die Einkommensarmut betrifft zunehmend Angehörige der Mittelschicht. Und dass jemand allein durch Arbeit seine Lebensbedingungen und den sozialen Status sichern oder gar verbessern kann, ist längst nicht mehr garantiert. Vergrößert wird die Kluft zwischen Arm und Reich zudem durch die derzeitige Geldpolitik: Nullzins, explodierende Immobilienpreise und jede Menge billiges Geld. Während auf dem Sparbuch das Geld wegschmilzt, schmelzen auch die Schulden dahin – und wer es sich leisten kann, investiert und profitiert auf diese Weise davon. ZDF/3sat

Dass die gesetzliche Rente langfristig kaum noch geeignet ist, den gewohnten Lebensstandard im Ruhestand zu sichern, sollte sich inzwischen herumgesprochen haben. Die Steigerungen gerade in den vegangenen Jahren sind zwar recht ordentlich ausgefallen. Aber bestimmte Faktoren bei der Rentenberechnung sorgen dafür, dass die Altersbezüge auf lange Sicht deutlich hinter der Lohnentwicklung zurückbleiben. Das ist politisch gewollt, denn tendenziell müssen die Beiträge für immer mehr Rentner von immer weniger Beschäftigten aufgebracht werden. Nun startet die Bundesregierung einen neuen Versuch, um das Vorsorge-Bewusstsein zu schärfen: Die Betriebsrente soll’s richten. Und das ist zunächst einmal grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn die Gesetzespläne von einem wirklich großen Wurf weit entfernt sind. Immerhin konzentrieren sich Union und SPD diesmal auf jene Bevölkerungsgruppe, denen tatsächlich Armut im Alter droht. Das sind die Niedrigverdiener. Für sie soll der Arbeitgeber einen zusätzlichen Obolus einzahlen.

Das ist nicht die schlechteste Lösung. Schließlich sparen die Unternehmen bei der betrieblichen Altersversorgung Sozialbeiträge. Für Beschäftigte mit wenig Lohn wiederum sind die heutigen Lösungen kaum attraktiv, weil sie von einer Steuerersparnis wenig oder gar nicht profitieren. Ein weiteres Plus aus Sicht der Betroffenen: In der Auszahlungsphase wird die Betriebsrente künftig nicht mehr automatisch mit der Grundsicherung verrechnet. Gerade das war immer ein durchaus berechtigtes Argument von Geringverdienern, die Finger vom Alterssparen zu lassen. Künftig sorgt ein Freibetrag dafür, dass gerade diese Gruppe zusätzlich etwas vom Angesparten hat. Den wohl größten Webfehler beseitigt die Reform allerdings nicht: Die allermeisten Betriebsrentner werden auch künftig auf ihre Extra-Bezüge den vollen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag abführen müssen. Das schmälert die Auszahlungen erheblich – und die Akzeptanz dieses Modells. Ein weiteres Manko: Die Umwandlung von Gehaltsanteilen für die spätere Altersversorgung ist schon heute ziemlich unübersichtlich.

Es gibt fünf Durchführungswege, von der Direktzusage bis hin zu Pensionsfonds. Mit der Reform kommt ein weiterer Durchführungsweg hinzu. Es wird also noch komplizierter. Obendrein ist das Gesetzesvorhaben mit der neuen Arbeitswelt schwerlich vereinbar. Ein- und derselbe Job auf „Lebenszeit“, das war einmal. Mittlerweile sind häufigere Arbeitsplatzwechsel eher die Regel. Und wer das auch noch branchenübergreifend tut, für den wird die Betriebsrente auch in Zukunft kaum rentabel sein. Damit bleibt am Ende auch unklar, in welchem Maße die neuen Möglichkeiten genutzt werden. Entgegen sonstigen Gepflogenheiten hält sich die Große Koalition hier mit Prognosen auffällig zurück. Klar ist allerdings: Die Betriebsrenten allein lösen das Rentenproblem der Zukunft gewiss nicht. Lausitzer Rundschau

VdK: Viele Rentner haben weiterhin das Nachsehen

„Es ist begrüßenswert, dass die Bundesregierung nun verschiedene Maßnahmen ergreift, damit nicht immer mehr Menschen im Alter in die Armutsfalle laufen. Aus unserer Sicht werden viele armutsgefährdete Gruppen aber nicht im erforderlichen Umfang erreicht.“ Das erklärt Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, anlässlich der aktuellen Debatten zum Thema Rente im Deutschen Bundestag.

So sei nicht nachvollziehbar, dass zukünftig die private und betriebliche Altersvorsorge teilweise nicht mehr auf die Grundsicherung angerechnet wird, jede kleine Rentenanpassung aber schon. „Es muss endlich einen Freibetrag von 200 Euro auch für die gesetzliche Rente geben“, fordert Mascher.
Die Förderung der betrieblichen Altersvorsorge könne immer nur eine Ergänzung sein und das sinkende Niveau der gesetzlichen Rente nicht ausgleichen. „Ziel der Rentenpolitik in der nächsten Legislaturperiode muss es sein, die Talfahrt des Rentenniveaus endlich zu stoppen. Die Kürzungsfaktoren in der Rentenformel müssen abgeschafft werden, damit die Renten wieder parallel zu den Löhnen steigen“, so die VdK-Präsidentin.

Für über 1,7 Millionen Bestandsrentner ist es zudem eine herbe Enttäuschung, dass die geplanten Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente nur für Neurentner gelten sollen. „Auch die jetzigen Erwerbsminderungsrentner leiden unter sehr niedrigen Renten und sind von Armut bedroht. Wenn die Politik den Erwerbsminderungsrentnern helfen will, dann müssen Verbesserungen für alle, auch für Bestandsrentner, gelten“, erklärt Mascher. Die Umsetzung der geplanten Verbesserungen wird den großen Einkommensverlust bei Erwerbsminderung nicht wettmachen. Der Sozialverband VdK fordert deshalb die Streichung der systemwidrigen Rentenabschläge von bis zu 10,8 Prozent.
Als „längst überfällig“ bezeichnet die VdK-Präsidentin die endlich in Angriff genommene Renteneinheit. Kritik übt sie an den aktuellen Finanzierungsplänen, nach denen die Beitragszahler der Rentenversicherung den allergrößten Teil bezahlen sollen. „Die Verwirklichung der deutschen Einheit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss deshalb komplett aus Steuermitteln finanziert werden“, erklärt Mascher.

Im Zuge seiner Aktion zur Bundestagswahl „Soziale Spaltung stoppen!“ fordert der Sozialverband VdK weitere Maßnahmen gegen Altersarmut. Dazu gehören etwa die vollständige Angleichung der Mütterrenten und höhere Renten für Bezieher von Niedrigeinkommen. Sozialverband VdK Deutschland e. V.

Die gesetzliche Rente braucht eine deutliche Stärkung

„Mit hastigen Nachbesserungen versucht die Regierungskoalition im Bundestag aus einem schlechten Gesetz noch in aller Eile ein gutes zu machen – und scheitert damit grandios. Die reine Beitragszusage bleibt Bestandteil des neuen Betriebsrenten-Stärkungsgesetzes. Damit haben Arbeitgeber erstmals die Gelegenheit, sich vollständig aus der Verantwortung der betrieblichen Altersvorsorge ihrer Angestellten zu ziehen. Die Risiken sollen nach dem Willen der Ministerin und der Koalition ausschließlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tragen“, erklärt Sabine Zimmermann, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, zur geplanten Neuregelung der Betriebsrenten. Zimmermann weiter:

„Statt einer verkorksten Reform der betrieblichen Altersvorsorge brauchen wir eine deutliche Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung: Das Rentenniveau muss schrittweise wieder angehoben werden, um auskömmliche Renten sicherzustellen und die gescheiterten und viel zu teuren privaten Rentenversicherungen wie zum Beispiel Riester-Verträge abzulösen. Mittelfristig müssen alle Erwerbstätigen in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sein und eine solidarische Mindestrente muss Armut im Alter verhindern.“ Partei Die Linke im Bundestag

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